Laptop und Lederhose? – Sofortmaßnahmen für einen Weg aus der bayerischen Bildungskrise


Bildung ist Menschenrecht. Durch Missmanagement, jahrelange Versäumnisse in der Digitalisierung und einen sich ständig und kurzfristig ändernden Kurs der Staatsregierung und des Kultusministeriums entwickelt sich diese Pandemie jedoch zu einer echten Gefahr für die Bildungsgerechtigkeit in ganz Bayern. Um der Bildungskrise begegnen zu können, braucht es jetzt unkomplizierte und sofort wirkende Maßnahmen. Hierbei muss der Freistaat das vielfältige kreative Engagement der einzelnen Schulen bestmöglich unterstützen, damit auf die regionalen Besonderheiten Rücksicht genommen werden kann.

  1. Funktionierende Lernplattformen braucht das Land

Online-, Fern- und Wechselunterricht können nur funktionieren, wenn den Schülern funktionierende Lernplattformen zur Verfügung gestellt werden und diese effektiv genutzt werden können. Die Plattform „mebis“ ist in dieser Funktion in der Pandemie vorerst gescheitert. Zwar muss es langfristig das Ziel sein, den Schulen bundesweit eine einheitliche lauffähige Lernplattform als Open Source-Projekt zur Verfügung zu stellen, kurzfristig ist jedoch jetzt schnelles und effizientes Handeln gefragt. Auch hier gilt: Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Statt also komplett neue Plattformen aufzubauen, befürworten wir zuvorderst die Nutzung bestehender, privater Angebote. In die Plattform sollte eine Schnittstelle zur Nutzung von hochwertigen, digitalen Unterrichtsinhalten von privaten Anbietern eingebaut werden.

Seit Mai 2020 steht den weiterführenden Schulen in Bayern als Ergänzung zu mebis Microsoft Teams zur Verfügung. Es ist richtig, dass das Kultusministerium diese Förderung übernommen hat. Dass der Vertrag jedoch nach erneuter Verlängerung nun bereits im April 2021 ausläuft stellt die Schulen vor neue Unsicherheiten. Um einen reibungslosen Übergang zum vollständigen Präsenzunterricht bzw. die Umstellung zur bereits angekündigten bayerneigenen Plattform sicherzustellen, muss dieser Vertrag mindestens bis Ende des Schuljahres 2021/2022 verlängert werden. Auch nach Ende dieser Förderperiode fordern wir die Rahmenbedingungen für eine langfristige Förderung von Teams sicherzustellen, um die Digitalisierung an bayerischen Schulen weiter zu stärken.

Doch Teams reicht oft nicht aus. Deshalb haben viele Lehrerinnen und Lehrer kreative digitale Lösungen gefunden, um nicht auf mebis angewiesen zu sein. Diese Kreativität der einzelnen Lehrkräfte, die vielerorts dafür gesorgt hat, dass überhaupt digitaler Unterricht möglich ist, muss in dieser besonderen Krisensituation auch besonders gefördert werden. Hierzu muss der Freistaat den Schulen ein finanzielles Budget zur Verfügung stellen, um nach Bedarf eigene Plattformangebote entsprechend nutzen zu können.

Weitreichende Datenschutzbedenken haben an vielen Schulen dazu geführt, dass Plattformen nicht genutzt wurden. Hierzu muss der Landesdatenschutzbeauftragte eine Datenschutzbewertung von Lernplattformen durchführen und der Gesetzgeber bei Datenschutzdefiziten entsprechend tätig werden. Auch die Frage der Notenmitteilung im Fernunterricht muss dringend geklärt werden. Hierfür sind datenschutzrechtlich sichere Möglichkeiten zur schriftlichen Mitteilung zu schaffen.

Mittelfristig – bis zum Aufbau einer bundesweiten Plattform – fordern die Jungen Liberalen Bayern mebis auf den Stand zu bringen, den das Kultusministerium bereits seit 2014 verspricht. Ständige Pannen und ein Minister, der zur Lösung der Probleme von der Nutzung der Plattform abrät, dürfen nicht länger an der Tagesordnung sein. Zentrales Problem ist dabei auch das Management des Projekts. Deshalb fordern wir die Einsetzung von qualifizierten Teams, inkl. erfahrener Projektmanager für alle Softwareprojekte des Kultusministeriums.

  1. Damit jeder ins digitale Klassenzimmer findet

Doch es braucht auch funktionierende Hardware, Schulen, die mit dieser umgehen können und Lehrkräfte, die im Umgang mit Plattformen und digitaler Lehre geschult sind. Deshalb muss professioneller technischer Support vor Ort vorhanden sein. Die Umsetzung der entsprechenden Zusatzvereinbarung zum Digitalpakt muss schneller vor Ort ankommen und eine langfristige Mitfinanzierung durch den Freistaat im Schulfinanzierungsgesetz so verankert werden.

Darüber hinaus ist schnelleres Internet für alle Schulen die zentrale Grundvoraussetzung für die digitale Lehre. Das ist besonders für Wechsel- und Hybridunterrichtkonzepte wichtig. Gleiches gilt für Lehrkräfte im Homeoffice. Hier muss der Freistaat finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um schnell, unkompliziert und ohne Rücksicht auf den schleppenden Breitbandausbau unsere Schulen und die Lehrkräfte ins digitale Zeitalter zu holen. Insbesondere muss hier die Möglichkeit bestehen, über das LTE-Netz die notwendigen Kapazitäten zu erwerben.

Auch die bayerischen Lehrkräfte, mit ihrem oftmals sehr unterschiedlichen technischen Hintergrundwissen, müssen auf die digitale Lehre vorbereitet werden. Die Fortbildungsoffensive des Kultusministeriums ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung. Jedoch fehlt es noch immer vielerorts an grundlegenden Kenntnissen. Die Jungen Liberalen Bayern fordern daher Schnellkurse für Schüler und Lehrer, damit diese sich mit den entsprechenden Programmen vertraut machen können. Zusätzlich bedarf es eine konstante Betreuung von Lehrkräften bei Rückfragen zur Nutzung von Hardware und Software. Hierzu fordern wir die Einrichtung eines bayernweiten Helpdesks für „Teams, Tablet & digitale Lehre“.

Grundvoraussetzung für Bildungsgerechtigkeit im digitalen Raum ist auch, dass ausreichend digitale Endgeräte für Schülerinnen und Schüler vorhanden sind, damit jeder am Unterricht teilnehmen kann. Doch trotz der Tatsache, dass der Bund über den DigitalPakt den Ländern weitere Mittel zur Beschaffung von Leihgeräten zur Verfügung gestellt hat, kommt die Anschaffung in Bayern nur schleppend voran. Es braucht jetzt einen Anschaffungsturbo für Leihgeräte und eine bessere Bewerbung dieser Programme. Ähnlich wie bei Lehrkräften, muss auch bei den Leihgeräten sichergestellt werden, dass diese mit einer ausreichenden Internetkapazität – im Zweifel über das LTE-Netz – ausgestattet sind. Lehrerinnen und Lehrer müssen außerdem schnellstmöglich mit Hard- und Software ausgestattet werden, die sich in die bestehende und zukünftige digitale Infrastruktur an Schulen einfügt und auch nach Ende des Distanzlernens langfristig genutzt werden kann. Diese Ausstattung muss auch nach der Pandemie weiter erfolgen.

Die Digitalisierung darf sich zudem nicht nur auf den Ersatz klassischer Einrichtungsgegenstände (wie Tafel durch Smartboard oder Overhead-Projektor durch Dokukamera und Beamer) beschränken, sondern muss sich auch fundamental in der didaktischen Methodik niederschlagen. Die neuen Möglichkeiten, die digitale Geräte bieten, müssen daher auch tatsächlich im Unterricht sinnvoll genutzt werden: Etwa durch individuelle Recherchearbeiten im Internet oder neue Formen des Coworkings an gemeinsamen Projekten. Auch traditionelle Methoden der Leistungserhebung sollten überdacht werden: Statt weiterhin nur stumpf auswendig gelerntes Wissen auf Papier oder durch Ausfragen zu testen, könnten auch hier neue, digitale Wege – auch unter bewusster Zuhilfenahme des Internets – beschritten werden, die z.B. Methodenkenntnisse erfordern. Dies muss bereits im Lehramtsstudium bzw. über entsprechende Fortbildungen vermittelt werden.

III. Für weltbeste Bildung

Uns Jungen Liberalen Bayern sind Bildungsgerechtigkeit und gleiche Aufstiegschancen besonders wichtig. Hierbei darf die Corona-Pandemie nicht zu einem Desaster für die Bildung in Bayern werden. Deshalb muss das Kultusministerium den bayerischen Schülerinnen und Schülern entgegenzukommen und Corona bedingte Nachteile ausgleichen.

Die allgemeine derzeitige Lernstoffvermittlung muss erweitert und verbessert werden. Es müssen denjenigen Schülerinnen und Schülern, bei denen die Lehrkräfte erhebliche Lücken feststellen, die Möglichkeit bekommen Nachhilfestunden in Kleingruppen auf Kosten des Freistaats zu beziehen. Hierzu sind insbesondere Studierende anzuwerben, die dadurch zum einen ihre finanziellen Einbußen im Rahmen der Pandemie ausgleichen und zum anderen bereits erste Lehrerfahrung sammeln können. Diese sollen Intensivierungsstunden vor allem in den Kernfächern anbieten. Die Anwerbung erfolgt über die einzelnen Schulen. Die Mittel hierzu stellt der Freistaat Bayern im Rahmen eines eigenen Budgets den Schulen zur Verfügung.

Schon jetzt ist ersichtlich, dass Pandemie, Lockdown und schleppender Online- Unterricht zu weitreichenden Bildungslücken bei vielen Schülerinnen und Schülern geführt haben. Hierzu sind möglichst zeitnah Daten zu erheben. Anhand dieser Datengrundlage sollen dann konkret zusätzliche Intensivierungsstunden organisiert werden.

In einem letzten Schritt muss es die Option einer freiwilligen Wiederholung des Schuljahres 2020/2021 geben. Hierbei muss jedoch darauf geachtet werden, dass sich dabei keinerlei Nachteile ergeben. Insbesondere sind etwaige Wiederholungs- und Rücktrittsregelungen nicht anzuwenden.


Gültigkeit: 1 Jahr

Die Gültigkeit dieses Antrages wurde am 12.02.22 beim 102. Landeskongress um ein Jahr verlängert.


Antragsteller: Jannik Noah Jürß, Kerry Aileen Hoppe, Yannik Mohren, Johannes Kuffer, Neele Wagner, Maximilian Funke-Kaiser, Carl Schneegaß, Dominik Konrad, Analena Wilhelm, Gabriel Wölfel, Max Bruder, Max Hansen, Ramón König, Valentin Groß, Maxime Beck, Stefan Edenharder, Dominik Winkel, Lucas von Beckedorff, Sam Batat, Sascha Renner, Luca Scharf, Sascha Perkuhn, Felix H. Meyer, Tobias Dutta, Anton Blanke, Tarek Carls, Luca Brambrink