Service statt Abfertigung – Fachkräfte für Deutschland

Durch den demografischen Wandel geht Deutschland bis 2030 etwa jede achte erwerbstätige Person verloren. Die Zuwanderung ist eine von mehreren möglichen Maßnahmen, mit denen eine rapide Verringerung des Arbeitskräfteangebots und damit nachteilige Effekte auf die Innovationsfähigkeit und den technischen Fortschritt verhindert werden können.

1. Zentraler internationaler Bewerberpool

Deutschland soll für die Arbeitsmigration ein „ Expression of Interest System“ einführen. Personen, die Interesse an Arbeit in Deutschland haben, melden sich über einen Online-Antrag und werden in einen Kandidaten-Pool der Bundesagentur für Arbeit aufgenommen. Firmen können einen Personalbedarf bei der Agentur anmelden, die daraufhin geeignete Kandidaten vermittelt. Für nicht EU-Bürger wird automatisch durch die jeweilige Botschaft ein Visum ausgestellt und nach der Ankunft eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Ein solcher internationaler Bewerberpool ist mittels einer internationalen Kampagne zu bewerben. Zusätzlich soll ein Punktesystem, das sich an Kriterien wie Bildungsgrad, Sprachkenntnis, Alter und Fachkräftebedarf am Arbeitsmarkt orientiert, eine Einwanderung ermöglichen, um qualifizierten Zuwanderern eine Arbeitssuche in Deutschland zu ermöglichen. So lange bis eine weltweite Open-Border-Politik praktiziert wird, die wir JuLis ausdrücklich fordern.

2. One-Stop-Government

Kommunen und Landkreise ab einer Größe von 100.000 Einwohnern sollen „Welcome Center“ einrichten, die alle Leistungen im Rahmen der Zuwanderung an einer Stelle anbieten. Dazu sind Ausländerbehörden, Meldebehörden, Träger der Grundsicherung (Jobcenter) und die Agentur für Arbeit zu beteiligen.

3. Mehrsprachigkeit als Selbstverständlichkeit

Für absehbar kurzfristige Arbeitsaufenthalte (Abordnungen, Entsendungen etc.) kann nicht zwangsläufig das Lernen der deutschen Sprache gefordert werden. Daher setzen wir uns dafür ein, Englisch als ergänzende Amtssprache einzuführen. Webseiten, Flyer, Merkblätter und ähnliche Publikationen, die im Zusammenhang mit beruflicher Zuwanderung stehen, sollen wo erforderlich außerdem in die wesentlichen Weltverkehrssprachen bzw. Haupt-Zuwanderungssprachen übersetzt werden.

4. Interkulturelle Kompetenz

Kenntnisse mindestens einer zweiten Sprache sind eine Selbstverständlichkeit und als Kernkompetenz bei der Einstellung bzw. Beförderungen zu fordern. Interkulturelle Schulungen sind für uns JuLis wünschenswert, aber nur, wenn der Beruf es erfordert. Ein entsprechendes Erfordernis wird vom zuständigen Dienstherren festgestellt, der entsprechende Schulungen individuell festlegt.


Begründung

zu 1.)

35% der Arbeitgeber mit unbesetzten Stellen gaben in einer Untersuchung an, dass die Anwerbung aus dem Ausland zu kompliziert ist. Daneben werden fehlende Kenntnis der Verfahrensschritte, hohe Kosten, Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme, fehlende erforderliche Kenntnisse bei Bewerbern oder Schwierigkeiten bei der Bewertung von Bildungsabschlüssen angegeben (OECD/ DIHK). All diese Punkte können über ein System beseitigt werden, in dem die Agentur für Arbeit als einziger Vermittler und Kontaktpunkt auftritt, der die erforderlichen Leistungen für das Unternehmen und den Bewerber erbringt.

Zu 2.)

Gerade in der umständlichen deutschen Verwaltung sollte sich der Ort, an dem eine Dienstleistung erbracht wird, an der Sache bzw. dem Kunden orientieren und nicht an Behördenstrukturen oder unterschiedlichen föderalen Zuständigkeiten. Die Zusammenfassung von Dienstleistungen in Sachen Zuwanderung schafft Win-Win-Situationen für Anbieter und Migranten, wie z.B. das Erfolgsmodell des Welcome-Center in Hamburg eindrucksvoll zeigt.

Zu 3.)

Migration im 21. Jahrhundert ist keine Einbahnstraße mehr. Zirkuläre und spontane Migration sind die logischeKonsequenz einer Weltwirtschaft, die ständig im Fluss ist. Entsendungen in das Ausland sind bei internationalen Unternehmen entsprechend ein bewährtes Standardinstrument zum Austausch von Wissen und zur Personalentwicklung. Dabei macht Englisch als universelle Verkehrssprache die Verständigung unabhängig von Einsatzort möglich. Dem gegenüber steht die Erwartungshaltung gerade kleinerer und mittelständischer deutscher Unternehmen, dass ihr Personal (ausschließlich) auf Deutsch interagiert. Da das Erlernen der deutschen Sprache kompliziert ist und seine Zeit erfordert, macht dies den kurzfristigen Einsatz von Experten praktisch unmöglich.

Zu 4.)

Deutschland gilt im Ausland zwar als effizient und erfolgreich, aber nicht unbedingt als freundlich und einladend. Außerhalb Europas zählt Deutschland nur in Ghana, Tunesien und Kasachstan zu wirklich attraktiven Auswanderungszielen (Gallup). Deutschland muss zunehmend vermitteln, dass es an Arbeitskräften weniger als Humankapital, sondern vor allem als Mitarbeiter und Mensch interessiert ist. Problemorientierung und Freundlichkeit widersprechen sich nicht, wie gerade skandinavische Länder oder Kanada zeigen.


Gültigkeit: 10 Jahre


Antragsteller: BV Mittelfranken