Her body, her choice

Präambel

Wir Junge Liberale erachten das Recht auf und den freien Zugang zu  Schwangerschaftsabbrüchen als einen der wichtigsten gesellschaftlichen Fortschritte  der letzten Jahrzehnte. Die Entscheidung, eine Schwangerschaft vollständig  auszutragen oder sie abzubrechen ist eine grundsätzliche Frage des Selbstbestimmungsrechts von Frauen. Auch im 21. Jahrhundert erleben wir in westlichen  Staaten Entwicklungen, die den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen massiv erschweren  – so beispielsweise in Teilen der USA oder mit Polen gar in einem EU-Mitgliedstaat.  Für uns ist klar, dass es gilt, in Deutschland ähnliche Entwicklungen mit aller Kraft zu unterbinden und gleichzeitig den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen für Frauen zu verbessern. Es stellt sich unserer Auffassung nach nicht die Frage, ob Zugang zu

Schwangerschaftsabbrüchen ermöglicht wird oder nicht – denn auch ein Verbot von  Abtreibungen führt nicht dazu, dass diese unterbleiben, sondern ausschließlich dazu,  dass diese unter katastrophalen Bedingungen und nicht nach den Regeln ärztlicher  Kunst durchgeführt werden.

In Deutschland geht die Zahl der Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche als Leistung  anbieten, seit Jahren kontinuierlich zurück. Diese Entwicklung ist zum Teil so  drastisch, dass Frauen, die einen Abbruch wünschen, enorm weite Fahrtstrecken auf  sich nehmen müssen, um diesen zu erhalten. Weiterhin ist die Auswahl an verfügbaren  Methoden hierdurch erheblich eingeschränkt. Wir Junge Liberale erachten diesen  Zustand für nicht hinnehmbar.

Wir erkennen die Schwierigkeit der Abwägung zwischen dem Recht auf Leben, das nach  ständiger Rechtsprechung auch auf das ungeborene Leben Anwendung findet, einerseits  und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau andererseits. Wir sind aber der Auffassung,  dass in der derzeitigen Rechtslage ein Übergewicht zu Lasten eben dieses  Selbstbestimmungsrechts gegeben ist und sprechen uns daher für Reformen nach den  folgenden Leitlinien aus.

 

Schwangerschaftsabbrüche als Teil der ärztlichen Ausbildung

Wir halten es für erforderlich, angehende Ärzte bereits in der Ausbildung mit dem  Thema in Kontakt zu bringen. Dazu sollen grundsätzliche Methoden und die  Rahmenaspekte von Schwangerschaftsabbrüchen zukünftig als Pflichtinhalt in die  Curricula des Studiums der Humanmedizin an allen deutschen Universitäten aufgenommen  werden. Hierbei lehnen wir Ausnahmen für Universitäten in nichtstaatliche  Trägerschaft ausdrücklich ab.

Eine tiefergehende Beschäftigung mit der Thematik ist weiterhin in der Ausbildung von  Fachärzten für Frauenheilkunde und Geburtshilfe erforderlich. Hierzu sollen alle  umgebenden Aspekte (medizinisch, rechtlich, soziokulturell, anderweitig  gesellschaftlich) eingehend thematisiert werden und die Kompetenz zur praktischen  Durchführung vermittelt werden. Wir erachten hierbei auch für angemessen, zur  Erlangung dieser Qualifikation praktische Erfahrung im Bereich von  Schwangerschaftsabbrüchen vorauszusetzen, die beispielsweise durch Arbeitserfahrung  in derartigen Einrichtungen erlangt werden kann.

Initiativen an deutschen Universitäten, welche versuchen, Studierenden der  Humanmedizin die Thematik näher zu bringen und im Rahmen der sich bietenden  Möglichkeiten auch praxisnahe Übungen anzubieten, begrüßen wir ausdrücklich. Wir  sprechen uns dafür aus, derartige Projekte zu fördern und fordern die medizinischen  Fakultäten auf, die Zusammenarbeit mit ihnen zu intensivieren, um ein möglichst  breites Angebot der Beschäftigung mit Schwangerschaftsabbrüchen zu schaffen.

 

Versorgungslage

Der Versorgungsauftrag hinsichtlich Schwangerschaftsabbrüchen fällt derzeit nach  Maßgabe des Schwangerschaftskonfliktgesetzes den Ländern zu, wird jedoch nicht  tiefergehend konkretisiert. Wir fordern deshalb, dass die Bundesärztekammer einen Versorgungsschlüssel als Untergrenze erarbeiten soll, nach dem ein den Umständen angemessenes Angebot an Schwangerschaftsabbrüchen definiert wird. Den Landesärztekammern soll Spielraum  gegeben werden, diesen Versorgungsschlüssel regionalspezifisch anzupassen und zu  konkretisieren. Die Bundesländer sollen auch zukünftig für die tatsächliche Umsetzung  Sorge tragen.

Wir erachten es weiterhin für erforderlich, im Falle einer deutlichen Unterschreitung  dieses Versorgungsschlüssels konkrete Maßnahme zu ergreifen, um die praktische  Verfügbarkeit zu sichern. Hierfür stellt für uns die Verpflichtung medizinischer  Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft zur Durchführung von Abbrüchen ein  probates Mittel dar, um im Falle einer inakzeptablen Versorgungslage vorübergehend  Abhilfe zu schaffen.

Um eine dauerhafte Entspannung der Lage zu erreichen, sehen wir die Länder in der  Pflicht, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um insbesondere in unterversorgten Gebieten  die Ansiedlung von Ärzten mit entsprechendem Angebot zu fördern. So kann  beispielsweise eine Förderung der Ausbildung von Medizinstudierenden, die sich  bereiterklären, sich zum Facharzt weiterzubilden und Abbrüche in einer  unterversorgten Region für einen festgelegten Zeitraum anzubieten, ähnlich der  bayerischen “Landarztquote” angedacht werden.

Um Hürden zur Inanspruchnahme konsequent abzubauen, fordern wir weiterhin,  Schwangerschaftsabbrüche in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung  aufzunehmen. Leistungen, die anstelle eines Schwangerschaftsabbruchs (Adoption,  vertrauliche Geburt etc.) in Betracht kommen, wollen wir Schwangeren weiterhin  ermöglichen. Gerade eine zeitige, umfassende Aufklärung, u.a. im Rahmen des  Schulunterrichts kann dazu beitragen, dass diese Maßnahmen bereits bekannt sind und  mit höherer Wahrscheinlichkeit in Anspruch genommen werden.

 

 

Abtreibungen als Materie des Strafrechts

Schwangerschaftsabbrüche sind nach derzeitiger Rechtslage grundsätzlich rechtswidrig,  wobei in eng definierten Ausnahmefällen Straffreiheit gewährt oder eine  Rechtfertigung der Beteiligten angenommen wird. Wir Junge Liberale erachten diese  Detailbetrachtung nicht für Haarspalterei, sondern im Gegenteil für eine essenzielle  Frage der rechtlichen Behandlung von Abtreibungen. Wir fordern deshalb eine Umkehr  dieses Prinzips. Schwangerschaftsabbrüche sollen damit grundsätzlich legal, unter  gewissen Umständen aber strafbar sein.

Die andauernde Debatte um das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche gemäß § 219a  StGB hat nicht zu einer sinnvollen Veränderung der Rechtslage geführt. Noch immer  werden Ärzte, die über Schwangerschaftsabbrüche informieren, völlig unnötig  kriminalisiert. Wir fordern deshalb die Streichung des § 219a StGB.

 

Voraussetzungen für Legalität von Schwangerschaftsabbrüchen

Wir möchten an dem derzeitigen System von zweierlei Möglichkeiten zur Begründung  eines Abbruchs festhalten.

Die derzeitige Regelung zur Möglichkeit des Abbruchs einer Schwangerschaft bei  Vorliegen einer medizinischen Indikation soll in ihrer Form beibehalten werden, soll  allerdings um die kriminologische Indikation, welche bisher separat geregelt wird,  erweitert werden.

Weiterhin möchten wir an der Fristenregelung, nach der Schwangerschaften ohne  Vorliegen einer Indikation auf Wunsch der Schwangeren hin abgebrochen werden können,  festhalten. Die derzeitige Frist von 12 Wochen ab Befruchtung halten wir dabei  insbesondere angesichts der Tragweite der zu treffenden Entscheidung und der  angespannten Versorgungslage für unzureichend und fordern eine Ausweitung auf 16  Wochen ab Befruchtung.

Das Erfordernis des Besuchs einer Schwangerschaftskonfliktberatung soll grundsätzlich  entfallen. Lediglich eine Wartezeit zwischen der ärztlichen Erstberatung und der  tatsächlichen Durchführung des Abbruchs von mindestens 72 Stunden halten wir für  angemessen. Ärzte sollen angehalten werden, in Fällen, in denen der Eindruck einer  möglichen seelischen Ausnahmesituation durch den Abbruch entsteht, der Schwangeren  eine psychologische Nachsorge nahezulegen.

 

Beratung

Damit eine umfassende und zeitnahe Beratung in Konfliktsituationen gewährleistet  werden kann, ist es notwendig, dass es ein ausreichendes Angebot an Beratungsstellen  gibt. Wir fordern daher, dass die Beratungsstellen gerade auf dem Land weiter  ausgebaut werden, mit der Zielmarke, dass keine Schwangere mehr als 30km bis zur  nächsten Beratungsstelle zurücklegen muss. Die Richtlinien zu Beratungsgesprächen bei  Schwangerschaftsabbrüchen sollen zudem grundlegend überarbeitet werden, sodass die  Beratung nicht gezielt auf den Erhalt des ungeborenen Lebens oder die Ausräumung von  Zweifeln am Abbruch ausgerichtet ist, sondern neutral auf die jeweilige Situation  eingeht und Lösungen aufzeigt. Eine Förderung von nichtstaatlichen Beratungsstellen  soll an diese Neutralität geknüpft sein. Um dies festzustellen, sollen die  Beratungsstellen regelmäßig auf ihre Offenheit und Qualität evaluiert werden. Die zum  Teil bereits stattfindenden Hinweise auf Beratungsangebote – nicht nur zur  Konfliktberatung – bei Frauenärzten heißen wir gut und wollen diese wo nötig weiter  ausbauen.

 

Minderjährige Schwangere

Wir setzen uns für eine vollständige Entscheidungsfreiheit mit Vollendung des 16.  Lebensjahres ein. Bei jüngeren Schwangeren über 14 Jahren soll die geistige Reife  nach ärztlichem Ermessen unwiderleglich festgestellt werden. Bei Schwangeren vor  Vollendung des 14. Lebensjahres sind die Erziehungsberechtigten über die Situation zu  benachrichtigen. Stehen der Wunsch der Schwangeren und der Wunsch der Eltern einander  in solch einem Fall gegenüber, soll es für die Schwangere durch Anrufung des  Familiengerichts im Eilverfahren möglich sein, ihre eigene Reife für diese  Entscheidung feststellen zu lassen, andernfalls entscheiden die Eltern im Rahmen  ihrer elterlichen Sorge. Die Vermittlung von Mediationsangeboten, beispielsweise  durch Sozialarbeiter, soll in solchen Fällen angeboten werden.

 

Prävention von Schwangerschaftskonflikten

Die beste ungewollte Schwangerschaft ist die, die gar nicht erst entsteht – umso  wichtiger ist eine intensive Sexualaufklärung. Wir setzen uns dafür ein, dass der  Aufklärungsunterricht über die gesamte Schulzeit hinweg in jeweils altersgerechter  Form stattfindet. In diesem Rahmen soll bei der Behandlung von Schwangerschaft auch  über Schwangerschaftsabbrüche aufgeklärt werden. Auch auf Beratungsangebote und  Alternativen zu einem Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft soll für den  Ernstfall hingewiesen werden, ebenso soll der Abbau von Stigmata und Hemmschwellen  gegenüber der Thematik und der Inanspruchnahme von Hilfsangeboten ein Ziel des  Aufklärungsunterrichts sein.

 

Interessenskollisionen

Nicht selten finden Demonstration und Darbietungen, die sich gezielt gegen  Schwangerschaftsabbrüche richten, in unmittelbarer Nähe zu entsprechenden  Einrichtungen statt; teilweise werden Betroffene und Personal dabei in verschiedener  Form belästigt oder bedrängt.

Hier kommt es zu einer Kollision von widerstreitenden Interessen, welcher nur nach  sorgfältiger Abwägung auflösbar ist. Wir Junge Liberale sind aber davon überzeugt,  dass derartige Aufeinandertreffen die Situation für Betroffene unnötig erschweren mit  einer erheblichen Beeinträchtigung des Betriebs der Einrichtung einhergehen. Wir  fordern deshalb, Versammlungen, die sich speziell gegen Abtreibungen richten, im  Umfeld von Einrichtungen, in denen sie durchgeführt werden, während deren  Öffnungszeiten nur unter angemessenen Auflagen zuzulassen. Deren Einhaltung ist  selbstverständlich zu kontrollieren und sicherzustellen. Hierzu sollen die  Versammlungsgesetze des Bundes und der Länder, sofern im Einzelfall erforderlich, um  entsprechende Befugnisse für die zuständigen örtlichen Behörden ergänzt werden. Ein  pauschales Verbot von derartigen Versammlungen oder Aktionen lehnen wir jedoch ab –  Leitlinie soll der Schutz der Betroffenen vor unangemessener Belästigung sein. Ist  diese ausgeschlossen, darf der uneingeschränkten Ausübung von Grundrechten im Rahmen  solcher Veranstaltungen nichts im Weg stehen.


Antragsteller: Stefan Edenharder, Analena Wilhelm, Sascha Renner, Florian Hilpoltsteiner, geb. Zeiml, Julius Arnold, Hannah Kehl, Leonard Deutsch, Anton Blanke, Barbara Eggers, Sam Batat, Theresa Ley, Andreas Eigenberger, Anna Schnabel, Luca Brambrink, Marie Dyckers, Kai Fabian Fackler, Rebecca Müller-Zurlinden, Kerry Aileen Hoppe, Yannik Mohren, Felix Meyer, Gabriel Wölfel, Lucas von Beckendorff, Michael Hanuschke, Max Hansen, Jannik Jürß, Niklas Pfeiffer, Franz Märtl, Andre Lehmann, Patrick Arleth, Tarek Carls, Valentin Groß, Tobias Weiskopf, Gina Pitter


Gültigkeit: 5 Jahre

Schule aus dem 19. Jahrhundert – Zeit für ein liberales Update!

I. MEHR INHALTLICHE FREIHEIT DURCH PROFILBILDUNG

Wir wollen den Schüler in den Mittelpunkt der Bildung stellen. Dabei setzen wir auf  die Möglichkeit von individueller Profilbildung. Schüler sollen frühzeitig zu  eigenständigen Wahlentscheidungen hingeführt werden, damit sie ihre individuellen  Stärken und Fähigkeiten ausleben können.

  1. Differenzierte Wahlpflichtangebote

Wir setzen uns konkret für ein differenziertes Wahlpflichtangebot ein. Neben – zu  definierenden Pflichtfächern – soll es in Zukunft die Möglichkeit geben noch mehr  individuelle Schwerpunkte zu setzen.

In der Umsetzung sind allgemein folgende Dinge zu beachten:   Die Elemente eines Profils sind organisatorisch dauerhaft angelegt, d.h. sie bilden  ein verlässliches Angebot in jedem Schuljahr.   Die Elemente eines Profils sind systematisch im Angebot der Schule verankert, von  vielen getragen und nicht an Einzelpersonen gebunden.   Die Elemente eines Profils sind nicht auf den außerunterrichtlichen und freiwilligen  Bereich beschränkt, sondern finden zusammen mit den Pflichtfächern statt.

Die Rahmenbedingungen für diese differenzierten Wahlpflichtangebote sind schulartspezifisch zu erarbeiten und haben die besonderen Ausgangslagen zu berücksichtigen. Das genaue Wahlpflichtangebot soll jedoch in der jeweiligen Verantwortung der einzelnen Schule liegen. Innerhalb des schulartspezifischen Rahmens soll die jeweilige Schule deshalb ein Gesamtkonzept zur Profilbildung entwickeln, welches sich insbesondere an der Nachfrage der Schüler/innen einerseits und dem Angebot qualifizierter Lehrkräfte andererseits vor Ort orientiert. Dieses Gesamtkonzept muss in einem Entwicklungsprozess schrittweise im Selbstverständnis der Schule verankert werden. Auch die Standards können in der Regel nicht ad hoc erreicht werden, sondern sind im Rahmen des Entwicklungsprozesses schrittweise aufzubauen. Hier haben die Schulen die Möglichkeit eigene Schwerpunkte zu setzen und eigenständige Angebote zu machen und sich so im Wettbewerb von anderen Schulen durch neue, bessere oder einzigartige Angebote abzuheben.

  1. Differenzierung nach Schularten und Jahrgangsstufe

Bei der Ausgestaltung des Wahlpflichtsystems ist hier besonders wichtig, dass ein  schrittweises Hinführen der Schüler an die vielen Auswahlmöglichkeiten geschieht. Je  weiter die Schüler fortschreiten, desto mehr Profilmöglichkeiten sollen sich ergeben.

  1. Lehrplan beibehalten und gleichzeitig Flexibilität ermöglichen

Der Lehrplan als zentrales Steuerungsinstrument ist eine wichtige bildungspolitische  Konstante für Lehrer, Schüler und Gesellschaft. Er dient der Orientierung und schafft  Möglichkeiten der individuellen Ausfüllung sowie Umsetzung von Inhalten.

Innerhalb der Rahmenregelungen des Lehrplans wollen wir jedoch noch mehr Flexibilität ermöglichen.   Dazu muss im Lehrplan insbesondere der Umfang des Pflichtfach-Anteilsschrittweise reduziert bzw. in den Wahlpflichtbereich überführt werden, um Raum für eine flexiblere Profilbildung zu schaffen. Hierdurch ist es  Schulen möglich, auf unterschiedliche (regionale) Bedürfnisse der Berufs- und  Arbeitswelt sowie die individuellen Interessen der Schüler/innen zu reagieren. Dies schafft neben dem regulären Lehrplan eine zusätzliche  inhaltliche Aktualität des Unterrichtsstoffes. Ein Schulfach sollte daher laut Lehrplan künftig nur noch dann zwingend belegt werden müssen (Pflichtfach), wenn es grundlegendes Allgemeinwissen vermittelt, welches unabhängig der konkreten, späteren Berufswahl für das nachfolgende Leben als eigenverantwortliches, mündiges Mitglied unserer freiheitlichen Gesellschaft Voraussetzung ist. Dazu zählen wir insbesondere grundlegende Kenntnisse unseres Staats-, Rechts- und Wirtschaftssystems, geschichtliches und naturwissenschaftliches Basiswissen, wissenschaftstheoretische und philosophisch-ethische Grundsätze, sowie die Grundlagen der Mathematik, derdeutschen Sprache und Englisch als Fremdsprache. Es sollte hingegen nicht die Aufgabe von Pflichtfächern sein, detailliertes Wissen über einen speziellen Fachbereich zu lehren. Hierfür können die Schüler/innen künftig die vertiefenden Angebote des Wahlpflichtbereiches in Anspruch nehmen.

  1. Inhaltliche Aktualität des Unterrichtsstoffes.

Der Wahlpflichtbereich soll jedoch künftig nicht nur ursprüngliche Pflichtfächer umfassen, sondern auch um neue Fächer ergänzt werden, die entweder bisher in der Schule wenig gelehrt werden (z.B. handwerkliche Angebote oder neue Fremdsprachen), oder die Vertiefungsmöglichkeiten zu bestehenden Fächern bieten (z.B. einzelne Programmiersprachen oder bestimmte Teildisziplinen / Fachrichtungen). Dies ermöglicht es, sich bereits in der Schulzeit mit den eigenen Interessen und Fähigkeiten tiefer auseinanderzusetzen, neue (möglicherweise vorher unbekannte) Fachbereiche kennenzulernen und sich intensiver mit Themen zu beschäftigen, die bisher nicht zwingend im Lehrplan vorgesehen sind. So kann perspektivisch auch dem Fachkräftemangel begegnet werden, indem Schüler vielfältigere Berufschancen aufgezeigt bekommen.

 

II. BEDARFSORIENTIERTE UND INDIVIDUELLE FÖRDERUNG ERMÖGLICHEN

Wir wollen die Förderinfrastruktur Bayerns ausbauen und fordern die Erarbeitung eines  Förderkonzeptes für Bayern.

Pädagogisches Leitziel muss die Schaffung bedarfsorientierter und individueller  Fördermöglichkeiten sein. Damit sind zielgerichtete Lernangebote gemeint, die sich an  alle Schüler richten, insbesondere an solche mit besonderen Schwächen und an solche  mit besonderen Stärken.  Ein entsprechendes Förderkonzept stellen wir uns in Grundzügen wie folgt vor:

  1. Ganztagsschulangebote ausbauen  

Zunächst müssen insgesamt freiwillige und teilweise verpflichtende Ganztagsangebote  ausgebaut werden.

a. Grundschule, Ganztag und Hort 

In der Grundschule soll der Besuch eines Horts freiwillig sein. Zusätzlich sollen der gebundene sowie der offene Ganztag flächendeckend angeboten werden und somit allen Schülern der Besuch des Ganztags möglich sein. Wichtig ist, dass ein echtes Betreuungskonzept vorhanden ist, welches einen Rahmen für regulierte und planvolle Aufsicht vorgibt. Dazu zählen insbesondere freiwillige Angebote für interessierte Schüler und die Förderung von Schülern mit besonderen Schwächen. Förderunterricht kann verpflichtend sein, sofern klärende Gespräche zwischen den Beteiligten nicht zur Besserung führen.

b. Weiterführende Schulen mit Ganztagsschulangeboten 
An weiterführenden Schulen soll es drei Formen von Ganztagsangeboten geben. Voll  verpflichtende, teilweise verpflichtende und komplett freiwillige. Welche Schulform  die Schule anbietet, liegt im Ermessen der konkreten Schule.   Grundsatz soll allerdings zunächst das freiwillige Angebot sein. Ausnahme sind  verpflichtende Förderangebote für Schüler mit besonderen Schwächen.   c.

c. Förderschule

Bei Förderschulen setzen wir uns für individuelle und konkret angepasste Betreuungs- und Ganztagsangebote ein.

2. Inhaltliche Gestaltung und Schwerpunktsetzung 

Die konkrete Gestaltung richtet sich nach der jeweiligen Schulform unter  Berücksichtigung von Jahrgangsstufe und der besonderen Ausgangssituation. Wichtig ist  auch hier, dass jeder Schule eine Schwerpunktsetzung möglich sein muss.

a. Angebote zur leistungsdifferenzierten Förderung und Forderung

An jeder Schule muss es leistungsdifferenzierte Förderung und Forderung geben,  welches sich an den Bedürfnissen des jeweiligen Schülers orientiert. Insbesondere  soll individuelle Förderung für sowohl leistungsschwache als auch leistungsstarke  Schüler angeboten werden. Der Besuch ist grundsätzlich freiwillig. Leistungsschwache  Schüler können zu Förderunterricht verpflichtet werden. Dies soll allerdings das  allerletzte Mittel sein, insbesondere sollen zuvörderst klärende Gespräche zwischen  den Beteiligten geführt werden.   Als Mindestangebote muss es zum einen Zusatzstunden für Grundlagenfächer (Deutsch,  Englisch, Mathe und sonstige ggf. schulartspezifische Grundlagenfächer) und  Naturwissenschaften (Informatik, Physik, Chemie) geben. Zum anderen müssen Nachhilfe  und Hausaufgabenbetreuung vorhanden sein.

b. Unterrichtsergänzende Projekte und Angebote

Als zweites muss es auch unterrichtsergänzende Projekte und Angebote geben. Hier haben die Schulen einen Spielraum.  Als zwingende Mindestangebote muss jede Schule Zusatzstunden zur politischen Bildung,  sowie bestimmte besondere Projekte anbieten. Verpflichtend ist das Angebot wirtschaftsbezogener Projekte. Hierzu ist auch die Zusammenarbeit mit politischen Parteien, Jugendorganisationen und Unternehmen zu erleichtern. Bei Schüler/innen, die sich neben der Schule ehrenamtlich betätigen, soll dieses Engagement außerdem lobend im Zeugnis erwähnt werden.

c. Freizeitangebote und Schwerpunktbereiche

Bei Angeboten im schulischen Freizeitbereich hat jede Schule einen Spielraum. Darüber  hinaus steht es jeder Schule frei weitere Angebote zu schaffen und eigene  Schwerpunkte zu setzen. Mindestvorgaben soll es keine geben.

3. (Personelle) Umsetzung des konkreten Förderunterrichts 

 

Die leistungsdifferenzierten Unterrichtseinheiten zur Förderung und Forderung sollen durch Lehrer, Pädagogen oder sonstiges Fachpersonal durchgeführt werden.

Weiterhin muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass sich Schüler auch gegenseitig beim Lernen unterstützen – so sollen Tutorien eingerichtet werden, in denen ältere, gute Schüler Jüngeren beispielsweise Nachhilfe geben oder bei den Hausaufgaben helfen. Diese Arbeit soll, genauso wie ehrenamtliches Engagement oder andere außerschulische Leistungen, ebenfalls im Zeugnis vermerkt werden.

Bei sonstigen Angeboten, insbesondere bei unterrichtsergänzendem und freizeitbezogenem Unterricht, soll eine Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern möglich sein. Insbesondere sollen ergänzende und vertiefende Einheiten auch von Referenten aus dem jeweiligen Beruf angeboten werden können.

 

  1. Raumkonzept

Für alle Förder- und Forderangebote müssen die Schulräume zur Verfügung gestellt  werden.  Besondere Räume für bestimmte Förderangebote (z.B. Experimentieren im Rahmen von  Chemie) sollen unter Aufsicht zur Verfügung gestellt werden.  Besondere außerschulische Räumlichkeiten können ebenfalls genutzt werden.  Schließlich ist auch die Nutzung des digitalen Raumes denkbar und wünschenswert.

III. DIGITALE SCHULKONZEPTE

Wir begrüßen die vielen neuen digitalen Möglichkeiten und sehen diese als Chance für  die Bildung der Zukunft. Deshalb soll es jeder Schule freistehen, digitale Konzepte und Digitalunterricht zu ermöglichen und zu etablieren. Hierbei sollen auch neue didaktische Lehr- und Prüfungsmethoden ausgetestet werden können; darunter etwa interaktive Gruppenarbeiten, digitale Erlebniswelten und “Open-Book”-Tests unter Zuhilfenahme des Internets, um Kenntnisse von Recherche-Methoden und Quellenbeurteilung zu vermitteln. Dabei ist darauf zu achten,

und Digitalunterricht zu ermöglichen und zu etablieren. Um dafür zu sorgen, dass jede Schule die Chancen wahrnimmt und sich auch denen Bewusst ist, soll es verpflichtende Weiterbildungen für Lehrer bzw. Pädagogen geben. Des Weiteren soll ein Forum zu best practices im Bereich der Digitalisierung etabliert werden, in welchem die Verantwortlichen der Digitalkonzepte der Schulen zu einem mindestens jährlichenTreffen zusammenkommen. Dabei ist darauf zu achten, dass die kindliche Entwicklung im Vordergrund steht und dem Sozialisationsgedanken  des klassischen Schulumfeldes ausreichend Rechnung getragen wird.

Eine Zusammenarbeit mit anderen Schulen unter Anrechnung von Online-Unterricht würden  wir begrüßen. Für die eigene Profilbildung ist diese Art der Angebotserweiterung  besonders gut geeignet, weil der Schüler nicht mehr auf die örtlichen Schulangebote beschränkt ist. Hierfür sollen eine digitale Schulplattform weiter ausgebaut werden, auf der Unterrichtsmaterialien untereinander ausgetauscht oder ganze Kurse imFernunterricht gehalten werden können. Die jeweils produzierende Schule sollte hierfür selbstverständlich eine finanzielle Vergütung erhalten; auch, um den monetären Anreiz für entsprechende hochwertige Angebote zu erhöhen.

 

IV. STUDIENREFORM 

Wir wollen den Lehrerberuf attraktiver gestalten.  Dazu fordern wir ein grundsätzlich flexibleres Lehrerbildungsmodell, bessere und  regelmäßige Fortbildungsmöglichkeiten, die vermehrte Vermittlung  anwendungsorientierten Wissens und einen veränderten Studienaufbau. Mehr Praxisbezug  wollen wir durch ein duales System in Form einer staatlichen Lehrerbildungsakademie  herstellen.

Außerdem wollen wir, dass die ersten drei Semester als Orientierungssemester genutzt  werden können. Die Wahl der Schulart soll erst nach dieser Orientierungsphase  stattfinden.  Durch ein reguläres Praxissemester sollen die Studierenden frühzeitig mit dem  Lehrerberuf vertraut gemacht und auf die Realität im Berufsalltag vorbereitet  werden.

Den Studierenden soll die Möglichkeit gegeben werden, innerhalb des Studiums den  Schwerpunkt der Schulart einfacher zu wechseln, ohne dabei wertvolle Studienzeit zu  verlieren.

Deshalb fordern wir eine “Exit-Strategie” für Studierende. Mit der Exit-Strategie  werden Studierende so ausgebildet und qualifiziert, dass sie sich nach ihrem Studium  auch für einen anderen Beruf entscheiden können. Durch die Belegung zusätzlicher  Module sollen die Studierenden die Möglichkeit haben, einen Fachbachelor zu  erwerben.

 

 

V. ANSTELLUNGSSYSTEM REFORMIEREN UND QUEREINSTIEG ERMÖGLICHEN

Wir Junge Liberale Bayern setzen uns für eine Anstellungsreform ein, welche die  verschiedenen Beschäftigungsarten, den Quereinstieg und das Vergütungssystem neu denkt.

  1. Leistungsgerechte Anstellung und Bezahlung

Wir Junge Liberale Bayern wollen die Verbeamtung von Lehrkräften auslaufen lassen und stehen für eine unbefristete Anstellung und leistungsgerechte Bezahlung.

Konkret setzen wir dabei auf ein zweigleisiges Anstellungssystem. Wir wollen eine  echte Wahlmöglichkeit zwischen Verbeamtung und Anstellung schaffen, damit jeder  angehende Lehrer unter Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile die für sich  individuell passende Anstellungsart wählen kann. Für das bayerische Ziel, alle Lehrer  zu verbeamten, ist in Zukunft kein Raum mehr.  Verbeamtungen werden in Zukunft weiter  durch den Freistaat Bayern durchgeführt. Sonstige Anstellungsverträge werden  grundsätzlich von der jeweiligen Schule selbst abgeschlossen.

  1. Quereinstieg als fester Bestandteil des Bildungssystems

Wir wollen den Quereinstieg in den Lehrerberuf aktiv ermöglichen und als festen  Bestandteil unseres Bildungssystems etablieren. Ziel ist es, dass die Schüler von  Fachkräften und Quereinsteigern mit verschiedenen Lebensläufen und Lebenserfahrungen  profitieren.

a. Fachlehrer für (Wahl)Pflichtunterricht

Für Quereinsteiger, die auf ihrem Fachgebiet an weiterführenden Schulen unterrichten  wollen, muss es ein Aufbaustudium zur Nachqualifizierung im pädagogischen Bereich  geben. Hierbei sind bürokratische Hindernisse möglichst zu beseitigen.  Für einen Quereinstieg an einer Förderschule, müssen entsprechende Qualifikationen  mitgebracht werden. Dasselbe gilt – wegen der besonderen pädagogischen  Qualitätsanforderungen – für die Grundschulen, weshalb ebenfalls hohe Anforderungen  zu erfüllen sind.

b. Lehrer für freiwilligen und unterrichtsergänzenden Unterricht

Ergänzender und freiwilliger Unterricht soll jederzeit und ohne entsprechende  pädagogische Anforderungen möglich sein. Gerade bei irregulärem Unterricht können  Schüler von den Erfahrungen von Praktikern und Fachkräften profitieren, die nebenbei  ihr Wissen weitergeben wollen.

c. Schulleiter 

Schließlich wollen wir auch einen Quereinstieg für Schulleiter ermöglichen. Aufgrund  der neuen Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Schulen stellen sich der  Schulleitung neue Herausforderungen. Jeder Mensch mit Erfahrung im Führen und Leiten  von organisierten Einheiten kann diese Aufgabe im Grundsatz erfüllen.

 

  1. Für gerechte und individuelle Vergütungen

Vergütungen müssen gerecht sein. An der Höhe der Vergütungen bei bestehenden Beamtenverhältnissen ändert sich im Grunde nichts.

Allerdings wollen wir die besonderen Leistungsbezüge nach den Art. 66  ff. BayBesG deutlich erhöhen, um die Anreize für guten und herausragenden Unterricht  zu schaffen.

Bei Angestellten zählt im Grunde zunächst der ausgehandelte Arbeitslohn. Allerdings  darf dieser ein gleichstufiges Beamtengehalt nicht unterschreiten.  Tendenziell ist ein höheres Gehalt wünschenswert, welcher sich jedoch durch die  Kräfte des Marktes im Rahmen von Angebot und Nachfrage ganz von selbst einstellen  wird, sofern die betreffende Lehrperson die gefragten Qualifikationen mitbringt.

VI. FREIES BUDGET FÜR FREIE SCHULEN

Wir Junge Liberale Bayern setzen uns für eigene Budgets von Schulen ein, über welche  die Schulen selbst und eigenverantwortlich verfügen können.

  1. Zweckgebundenes und zweckfreies Budget

Künftig sollen die Schulen im Grunde die Budgethoheit in Bezug auf den Personal- und  Sachaufwand haben. Darüber hinaus soll ein Teil des (jährlichen) Gesamtbudgets zur  freien Verfügung der Schule stehen.

a. Höhe des Budgets und besondere Förderungen nach Sozialindex

Die Höhe des jeweiligen Budgets muss anhand der Schulart, der besonderen Bedürfnisse  und der konkreten Situation der Schule festgelegt werden. Insbesondere kann die Höhe  der selbstgetragenen Personalkosten stark variieren.   Wichtig ist uns besonders, dass Sondergelder und Förderungen für Schulen mit  schwierigen Ausgangslagen aufgesetzt und gewährt werden. Die Höhe soll sich nach  Sozialindex und Förderbedarf richten.

b. Personalaufwand
Der konkrete Personalaufwand richtet sich nach der Schulart, der konkreten Situation  und Größe der Schule. Für den Gestaltungsspielraum der Schule ist es dabei wichtig, dass ein ausreichendes  Budget für Anstellungsmöglichkeiten für nichtverbeamtete Lehrer vorhanden ist. Auf  Grundlage von Prognosen kann auf Antrag zu jedem neuen Schuljahr ein höheres  Angestelltenbudget gewährt werden.

c. Schulaufwand

Beim Schulaufwand muss eine ausreichende Kostendeckung gewährleistet sein, damit die  wesentlichen Bildungsaufgaben durch die Schule erfüllt werden können.  Dabei muss ein besonderer finanzieller Fokus auf die Ausgaben für eine  funktionierende Förderinfrastruktur gelegt werden. Eine solche muss an jeder Schule  durch einen ausreichenden Teil im Budget abgedeckt sein.  Bauliche Maßnahmen sollen vorwiegend über Zuschüsse und Kostenübernahmen durch den  Bund oder das Land erfolgen.  Die Beantragung weiterer besonderer Zuschüsse (z.B. durch die Gemeinde oder die EU)  soll den Schulen weiterhin zustehen.

c. Geld zur freien Verfügung

Für uns Junge Liberale ist es nicht akzeptabel, dass Direktorinnen und Direktoren bei den jeweiligen Trägerinstanzen Jahr für Jahr um Budget für individuelle Anschaffungen betteln müssen, damit dann im darauffolgenden Jahr Mittel bereitgestellt werden. Deshalb braucht es Geld zur freien Verfügung der Schule. Solche unbürokratischen Innovations- und Schwerpunktbudgets sind besonders wichtig, damit Schulen individuelle Projekte voranbringen oder besondere Schwerpunkte setzen können. Dieses freie Budget kann darüber hinaus sowohl für besonderen Personalaufwand als auch für besonderen Schulaufwand eingesetzt werden.Wichtig ist, dass gewisse Richtlinien und Vorgaben geschaffen werden, welche einen Missbrauch verhindern.

  1. Direkte Geldflüsse von Bund und Ländern an die Schule

Das Budget einer Schule soll künftig – unter Lockerung des Kooperationsverbots –  durch direkte Geldflüsse von Bund und Land gefüllt werden. Die Kommunen sollen hier  keinerlei finanzieller Verpflichtungen mehr ausgesetzt sein. Bildung muss auch in  finanzieller Hinsicht eine gesamtstaatliche Aufgabe sein.

a. Bund soll Schulaufwand finanzieren
Für den Schulaufwand soll künftig der Bund finanzielle Mittel bereitstellen. Dabei  sollen spezifische Geldflüsse definiert werden.  Wir fordern die Bereitstellung von Geldern für die äußere Schulinfrastruktur und die  Anschaffung von Lernmaterialien und –mitteln. Bei der konkreten Anschaffung der  Lernmaterialien hat der Bund keinerlei Mitspracherecht.  Weiterhin fordern wir, dass der Bund Gelder für den Ausbau von konkreter  Förderinfrastruktur für schwache und starke Schüler bereitstellt. Bei der konkreten  Verwendung des Geldes hat der Bund ebenfalls kein Mitspracherecht.  Darüber hinaus soll es möglich bleiben, dass die Kommunen oder das Land  Bayern zusätzlich weitere Geldflüsse und Förderprogramme aufsetzen.

b. Personalaufwand bleibt Ländersache

Soweit es um die Beamtenverhältnisse geht, sind diese meist Landesbeamte, weswegen  das jeweilige Bundesland die finanzielle Verantwortung zu tragen hat.  Zusatzprogramme und Zuschüsse vom Bund für die Anstellung von nichtverbeamteten  Lehrern sollen jedoch möglich sein.

c. Eigenes Geld anhäufen
Schließlich soll es in engen Grenzen und nach bestimmten Vorgaben möglich sein, dass Schulen ihr Budget auf andere Art und Weise anwachsen lassen. Dieses Geld steht in jedem Fall zur freien Verfügung der Schulen. Die Schülervertretungen werden zur Mitsprache bei Budgetentscheidungen berechtigt. Konkret soll es mehrere Möglichkeiten geben. Beispielhaft sei das Ansparen von Geld für künftige Projekte und das Vermieten von Räumen genannt. Ebenfalls soll das Annehmen von Spenden möglich sein, wobei sich jegliche Einflüsse auf die Inhalte und Organisation der Schule verbieten.

4. Verwaltung und Kontrolle

Mit einer Budgethoheit sind neue organisatorische und verwaltungsrechtliche Aufgaben  verbunden.  Deshalb muss die Verwaltung einer jeden Schule mit ausreichendem und geschultem  Personal aufgestockt werden, damit der Schulleiter diese neuen Aufgaben nicht alleine  tragen muss.  Darüber hinaus muss das Finanzverhalten der Schulen kontrolliert werden. Es muss eine  unabhängige Finanzaufsicht geben. Es müssen  jährliche Rechenschaftsberichte angefertigt werden. Regelmäßige Finanzprüfungen sollen ebenfalls stattfinden. Außerdem sollten regelmäßige Leistungsverleiche den Bildungserfolg der Schulen unter fairer Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen erkennbar machen. Durch Transparenz über die Ergebnisse von guter Bildungsarbeit findet in Verbindung mit der nötigen Wahlfreiheit die beste Form der Erfolgskontrolle statt und gute Leistung wird belohnt.


Antragsteller: Yannik Mohren, Karl Tilman von Heygendorff, JuLis Unterfranken, JuLis Mittelfranken, JuLis Oberfranken


Gültigkeit: unbegrenzt

„Unlocking“ Kultur

1. Koloniale Raubkunst

Ende November 2018 übergaben der senegalesische Ökonom Felwine Sarr und die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy den von Präsident Macron beauftragten Bericht zur Restitution des afrikanischen Kulturerbes. Dieser Bericht- bezeichnend betitelt mit “Zurückgeben”- hat in ganz Europa die Debatte zum Umgang mit kolonialem Raubgut neu befeuert. Klar ist, dass es sich bei der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte um eine europäische Familienangelegenheit handelt, deren Bewältigung einen Kernbereich liberaler Kulturpolitik bilden sollte: Alle ethnologischen Museen in Europa haben eine ähnliche Sammlungsgeschichte, ein Großteil der Sammlungen stammt aus dem kolonialen Kontext- ob in Paris, London oder Berlin.

Daher fordern wir:

  • Die Mittel des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste (DZK) für die Provenienzforschung im Hinblick auf Sammlungsgüter aus kolonialem Kontext signifikant zu erhöhen. Die erstmalige Förderung von Projekten zur Provenienz- und Grundlagenforschung mit 1,9 Millionen Euro durch das DZK im Jahr 2019 ist zu begrüßen, geht jedoch nicht weit genug: Denn nur wenn die Herkunft von Kunst- und Kulturgütern in deutschen Museen und Kultureinrichtungen umfassend erforscht wird, können auch Fragen der Restitution angegangen werden.
  • Eine umfassende Recherche-Pflicht schon beim Einkauf von Kulturgütern für öffentliche Einrichtungen und Museen. Für private Käufer soll hingegen nur ein verkehrsüblicher Sorgfaltsmaßstab beim Prüfen der Herkunft gelten.
  • Eine bindende rechtliche Grundlage zur Rückführung kolonialen Raubgutes gemeinsam mit allen EU-Mitgliedsstaaten zu schaffen. Bisher gibt es keine bindenden Rechtsgrundlagen für Ansprüche auf Restitution: Ansprüche aus völkerrechtlichem Gewohnheitsrecht werden gemeinhin abgelehnt, bei anderweitigem Völkerrecht fehlt es entweder am Beitritt Deutschlands (UNIDROIT-Konvention) oder der Erstreckung des Anwendungsbereichs auf koloniales Raubgut (UNESCO-Kulturgutübereinkommen, Washingtoner-Prinzipien). Bisherige nationale Gesetze wie das Kulturgüterrückgabegesetz (KultGüRückG) oder das Kulturgutschutzgesetz (KSGS) erfassen ebenfalls keine kolonialen Raubgüter.

In diesem Rahmen sollen dabei unter anderem folgende Rechtsfragen aufgegriffen werden:

  • Einheitliche Legalterminologie für den Begriff des “kolonialen Raubgutes” und des “nicht rechtmäßigen Erwerbs” von kolonialen Kunst- und Kulturgütern
  • Klärung des geistigen Eigentums bei digitalisierten kolonialen Raubgütern unter sorgfältiger Berücksichtigung der Interessen der Herkunftsstaaten. Dabei soll auch erörtert werden, ob die Kulturgüter in digitaler Form in den ursprünglichen Museen verbleiben können
  • Eine Auseinandersetzung auf nationaler sowie auf europäischer Ebene zu den Fragen der besonders schwer erträglichen Rechtslage der Vindikiationsverjährung sowie der Beweislast in Zusammenhang mit kolonialen Raubkulturgütern, um eine nachhaltige und gerechte Aufklärung und Rückgabe zu gewährleisten
  • Ablauf und Bedingungen der Restitution im Falle des nicht rechtmäßigen Erwerbs; besondere Berücksichtigung des Kulturgutschutzes: Restitution insbesondere nur in solche Staaten, die die Prinzipien des UNESCO-Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes anerkennen und die- analog zur Haager Konvention von 1954 zum Schutze von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten- nicht in andauernden Kriegs- und Konfliktregionen liegen. Als Orientierung sollen dabei die Prinzipien der Washingtoner Erklärung dienen, deren Objektiv eine Lösungsfindung auf Augenhöhe gemeinsam mit den potentiellen Anspruchsberechtigten ist.
  • Bundeseigene Museen zu verpflichten und an Museen in kommunaler Trägerschaft oder Landesträgerschaft zu appellieren, sich verstärkt mit der Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte zu befassen. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang den Vorschlag des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Prof. Dr. Hermann Parzinger, im Humboldt Forum einen Raum der Stille zu schaffen, um den Opfern des deutschen Kolonialismus zu gedenken. Denkbar ist dabei ebenfalls eine bundesweite Wanderausstellung zur Aufklärung über koloniale Raubgüter.

2. Kulturgutschutz bei bewaffneten Konflikten

Die systematische Zerstörung von herausragenden Kulturdenkmälern durch Daesh und die Taliban, sowie die nach wie vor hohe Prävalenz von illegalem Handel mit geraubten Kunst- und Kulturgütern, zeigt uns die Defizite des bisherigen Kulturgutschutzes auf. Kulturgutschutz als politisches Handlungsfeld bedeutet jedoch weit mehr als die reine Bewahrung einzelner Artefakte:  Spätestens die Rolle des illegalen Kunsthandels zur Terrorfinanzierung sowie die Verknüpfung von Kulturgutzerstörung und Genoziden sollten uns bewusst machen, dass dieser Themenkomplex im Schnittbereich von Außen- und Sicherheitspolitik sowie dem Völkerrecht oszilliert.

Daher wollen wir:

  • Auf internationaler Ebene darauf hinzuwirken, die Haager Konvention auszuweiten. Derzeit sind nur 77 Staaten dem Zweiten Protokoll der Haager Konvention von 1999 beigetreten, Ziel muss ein weltweit völkerrechtlich gewährleisteter Kulturgutschutz sein.
  • Auf internationaler Ebene auf eine konsequente Umsetzung der Haager Konvention und eine Sanktionierung bei Verstößen hinzuwirken. Die systematische Zerstörung von Kulturgut in vergangenen Konflikten, bspw. durch Daesh, hat gezeigt, dass die Haager Konvention in solchen Fällen wirkungslos ist, in denen sich die Konfliktparteien nicht daranhalten und Kulturgüter zudem nicht vor den Kampfhandlungen in Sicherheit gebracht werden können. Um diesem Problem zu begegnen, muss einerseits für die Achtung solcher Übereinkommen geworben werden und andererseits müssen Missachtungen konsequent sanktioniert werden, wie es beispielsweise im Falle von Daesh mit der Resolution 2199 (2015) des UN- Sicherheitsrates erfolgte.
  • Strukturen zur Bekämpfung des illegalen Handels stärken. Durch das Kulturgutschutzgesetz (KGSG) von 2019 und die EU-Einfuhrverordnung von 2019 bestehen bereits detaillierte rechtliche Rahmenbedingungen- was fehlt sind die Kapazitäten zur Durchsetzung dieser Regelungen. Daher möchten wir Zoll und Polizei bei der effektiven Bekämpfung des illegalen Handels stärken. Darunter verstehen wir insbesondere theoretische und praktische Schulungen der entsprechenden Kräfte. Insbesondere der Handel über das Internet und die Organisierte Kriminalität muss dabei angegangen werden. Weiteres Handlungsfeld ist dabei die Stärkung und Aufklärung des Zolls an den EU-Außengrenzen, um das Phänomen des sog. Port-Shoppings, zu unterbinden.
  • Sensibilisierung in den Herkunftsländern stärken. Raubgrabungen und Plünderungen können am effektivsten direkt vor Ort in den Herkunftsländern verhindert werden. Wir begrüßen das Aufgreifen der Thematik im Rahmen der Beratungsmission der EU im Irak (EUAM Iraq) und fordern, diese Art der Sensibilisierung verstärkt auch ins Handlungsfeld der Entwicklungszusammenarbeit zu integrieren. Denkbar ist ebenfalls eine unterstützende Einbeziehung von Aufklärungsarbeit in Missionen wie EUTM MALI oder KFOR, in denen europäische bzw. NATO-Kräfte involviert sind. Dazu ist es auf nationaler Ebene notwendig, dass die Angehörigen der Bundeswehr in den Vorbereitungslehrgängen verstärkt ausgebildet und aufgeklärt werden.

Antragsteller: Landesvorstand


Gültigkeit: 5 Jahre

E-Call-Möglichkeit statt e-Call-Pflicht

Die Jungen Liberalen Bayern sprechen sich gegen die verpflichtende Einführung des e-Call-Systems in PKWs aus. Trotzdem muss die hierfür benötigte Infrastruktur in den Notfallzentren sowie in den für die aktive Notfallrettung zuständigen Rettungsleitstellen flächendeckend eingerichtet werden, um eine Nutzung überhaupt zu ermöglichen. Das System ist wahltechnisch so einzurichten, dass eine Datenübermittlung nur im Schadensfall einmalig erfolgt.


Begründung

Durch die Einführung des e-Call-Systems wird prognostiziert, dass bei 100Prozenz Ausstattung etwa 1-10 Prozent weniger Todesfälle zu verzeichnen sind. Die Auslastung wird jedoch frühestens in 30 Jahren erreicht werden können, da viele Hintertüren offen gelassen wurden. Die Verordnung gilt nur für neue Fahrzeugmodelle und Typen und nur bei der Herstellung, nicht der Zulassung. Weiterhin gilt sie nur für Hersteller innerhalb der EU und gilt nicht für LKWs oder Busse. Die Kosten für das System (z.B. Blackbox) werden sich langfristig auf ca. 100 EURO belaufen, anfangs jedoch deutlich höher sein und werden nicht von der EU getragen, obwohl diese die Maßnahme verordnet hat. Datenschutztechnisch stehen ebenfalls viele Probleme an, so kann der eingebaute Kasten auch mehr Funktionen haben, als nur die Notruffunktion.


Gültigkeit: 5 Jahre


Antragsteller: KV Oberland, LAK Kommunales, Verkehr und Bau


Die Gültigkeit des Antrags wurde auf dem 101. Landeskongress um 5 Jahre verlängert.