Die Jungen Liberalen Bayern verstehen sich als politische Jugendorganisation, die den Europäischen Integrationsprozess seit ihrer Gründung wohlwollend begleitet haben. Das vorliegende Programm soll unsere Grundvisionen von einer bürgernahen, demokratisch legitimierten, transparenten, nach Innen geeinten und nach Außen geschlossenen Europäischen Union skizzieren, in der stets der Europäische Bürger im Mittelpunkt stehen soll.
Wir JuLis sehen dringenden Handlungsbedarf, die Europäische Union im Sinne einer äußeren Geschlossenheit und inneren Subsidiarität nach den letzten Erweiterungen und dem gescheiterten Verfassungsreferendum wieder handlungsfähig zu machen. Die Grundlage unserer Vision eines europäischen Bundesstaates muss eine demokratische Legitimität sein, die in den bisherigen Vertragswerken nicht garantiert ist. Diese Herausforderung sehen wir mit Priorität und sehen darin Chancen, die noch vorherrschende Fremdheit zwischen bereits einflussreicher EU-Politik und den europäischen Bürgern zu gewinnen.
Bürgernähe
In Zeiten wachsender Europaskepsis und dem Stocken der Reformvertragswerke ist es wichtig, die Kritik und Befürchtungen aus der Bevölkerung ernst zunehmen und sie in die neue Struktur der Europäische Union mit aufzunehmen. Ohne die Akzeptanz des europäischen Einigungsprozesses zu erhöhen, ist eine EU, wie wir sie uns vorstellen, nicht machbar. Ein Europa der Eliten, welches sich ausschließlich auf diese beschränkt, ist zum Scheitern verurteilt. Stattdessen sollte die europäische Bevölkerung als Ganzes in die Debatte über die Zukunft der Union eingebunden werden.
Die JuLis Bayern sehen die Notwendigkeit einer Debatte über strategische Zielsetzung, Identität und Grenzen der Union, wollen diese aber nicht erneut hinter geschlossenen Türen geführt wissen. Nur wenn es gelingt, europapolitische Fragen gesamtgesellschaftlich und auf breiter Front zu debattieren, werden die Menschen die Resultate akzeptieren. Nur durch offenes Gehör und die Bereitschaft zur Aufnahme von Anliegen aus der Bevölkerung kann sich die Europäische Union zu einer tatsächlich bürgernahen Organisation wandeln.
Wirtschaftspolitik
In der Wirtschaftspolitik muss die EU daher endlich von der protektionistischen Industrie- und Agrarpolitik abkehren und sich vielmehr darauf konzentrieren, konsequente marktwirtschaftliche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, indem sie minimale rechtliche Rahmenbedingungen setzt. Die Europäische Kartellbehörde soll aus der Kommission herausgegliedert werden und als von der Legislative unabhängige Behörde denWettbewerb überwachen. Machtbalance zwischen Legislative und Exekutive sowie die Ergänzung durch einen Verbund der europäischen Monopolkomissionen müssen hier für mehr Transparenz und Unabhängigkeit geschaffen werden. In ähnlicher Weise soll durch die europäische Finanzaufsicht das Funktioniere der Finanzmärkte sichergestellt werden.
Darüber hinaus muss die EU den mündigen Konsumenten fördern und seinen berechtigten Interessen an Aufklärung und Schutz nachkommen, ohne mit bürokratischen Überreglementierungen und anderen, von purem Aktionismus geprägten Handlungen Schaden anzurichten. Demokratische Legitimität Um für eine höhere Transparenz und Verständlichkeit bei den Wahlen zum Europäischen Parlament zu sorgen, fordern die JuLis Bayern ein einheitliches Verhältniswahlrecht unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl. Im Zuge dessen ist ebenfalls eine Angleichung der Größen der Wahlkreise anzustreben. Die stetige Aufwertung der Rolle des Europäischen Parlaments im Institutionengefüge der EU sehen wird durchweg positiv. In den nächsten Jahren muss diese Entwicklung ihren Abschluss in der Anerkennung des Europäischen Parlaments als einziges unmittelbar demokratisch-legitimiertes EU-Organmit samt aller dazugehörigen Rechte, Kontrollrechte, Pflichten und dem Gesetzesinitiativrecht in einer parlamentarischen, föderal-strukturierten Demokratie finden.
Wir begrüßen in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Schritte zu mehr Möglichkeit direkter Demokratie in der EU, die durch den Reformvertrag von Lissabon beschritten werden. Die Hürden für die Durchführung eines europäischen Volksbegehrens und/oder -entscheids dürfen nicht unnötig hoch angesetzt werden. Konkret fordern wir JuLis Bayern die Einführung eines Europäischen Bürgerinitiativrechts, welches einer Million Unionsbürgern erlaubt, konkrete Gesetzes- und Politikänderungen vorzuschlagen und so die Agenda der EU mit zu gestalten. Transparenz Unser Ziel muss es sein, Europa transparenter und damit verständlicher zu machen. Nur wenn die Prozesse und das Zustandekommen von Entscheidungen nachvollzogen werden können, wird auch die Akzeptanz der europäischen Ebene steigen. Wirklich klar aufgeteilte Zuständigkeiten zwischen den Nationalstaaten und der Europäischen Union vermissen wir in diesem Zusammenhang auch noch im Vertrag von Lissabon. Nach Abschluss des nächsten Reformvertrags muss es endlich für jeden möglich sein, zu verstehen, was wo entschieden wird und warum es dort entschieden wird.
Gerade in Europa muss das Subsidiaritätsprinzip gelten. Entscheidungen sollen demnach dort getroffen werden, wo es am meisten Sinn macht, auf der niedrigstmöglichen Ebene. Bei jedem einzelnen Politikfeld muss geprüft werden, ob eine europäische Regelung nötig und sinnvoll ist. Ist dies nicht der Fall, soll die Zuständigkeit bei den Mitgliedsstaaten verbleiben. Die im Reformvertrag von Lissabon vorgesehene Möglichkeit zur Subsidiaritätskontrolle ist daher ganz in unserem Sinne. DemVorwurf einer “europäischen Regelungswut” muss wirksam durch effektivere Initiativen zum Bürokratieabbau begegnet werden.
Geschlossenheit nach Außen
Europa lebt in Frieden und Sicherheit. Dies zu schützen ist die Hauptaufgabe europäischer Politik. Aus dem Friedenserhalt ergeben sich gemeinsame europäische Sicherheitsinteressen, die innerhalb einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik vertreten werden. Die Jungen Liberalen unterstützen Europas Rolle als globalen Akteur. Solange sich die Vereinten Nationen in einem Reformprozess befinden, muss Europa verstärkt in Zusammenarbeit und Absprache mit möglichst allen internationalen Partnern die globalen Herausforderungen wahrnehmen. Es ist jedoch nicht im Sinne von Frieden und Sicherheit, wenn sich Europa als ”Weltpolizist” etabliert. Dieses europäische Engagement aber unter dem Grundsatz stehen, dass Europa handelt, wenn seine Hilfe erwünscht ist. Zivile Lösungen sind grundsätzlich militärischen vorzuziehen.
Friedens- und Freiheitserhalt. Im Namen des europäischen Bürgers.
Im Sinn einer europäischen Entwicklungspolitik ist es auch Aufgabe der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), andere Regionen der Welt darin zu unterstützen, in Frieden und Wohlstand zu leben. Hier betonen die Jungen Liberalen ausdrücklich, dass das europäische Engagement auf dem Boden des Völkerrechts geschehen muss. Grundwerte eines solchen Engagements sind – Verhältnismäßigkeit der Mittel, – Nachhaltigkeit im Sinne von Frieden und Wohlstand, – Zurückhaltung bei der Anwendung militärischer Mittel. Der Begriff der Sicherheitmuss konkretisiert werden. Die Jungen Liberalen sprechen sich dafür aus, die europäischen Sicherheitsinteressen in unmittelbare und strategische Sicherheitsinteressen aufzugliedern. Die unmittelbaren Sicherheitsinteressen sind durchzusetzen. Die unmittelbaren Sicherheitsinteressen sind die Wahrung von Frieden und Stabilität in Europa sowie die Gewährleistung der Sicherheit der Bürger.
Zu den strategischen Sicherheitsinteressen zählen die Rohstoffversorgung, freie und sichere Handelswege, Steuerung der Migration, Lösung von Regionalkonflikten mit dem Schwerpunkt auf dem unmittelbaren Umfeld Europas, Staatsaufbau in so genannten ”gescheiterten Staaten”, Abrüstung, Eindämmung von Terrorismus unter Wahrung der staatlichen Souveränität sowie das Bekämpfen von internationaler Kriminalität. Innerhalb Europas sind die beiden letztgenannten Punkte hauptsächlich Polizeiaufgaben. Darüber hinaus gibt es grundlegende entwicklungspolitische Interessen. Zu diesen zählen der Schutz der Menschenrechte sowie die Förderung demokratischer Strukturen.
Instrumente der Gemeinsamen Außen- und SicherheitspolitikEuropäische Armee:
Einhergehend mit der Schaffung eines europäischen Bundesstaates fordern die JuLis Bayern langfristig die Überführung aller nationalen Armeen in eine Europaarmee, die der parlamentarischen Kontrolle des Europäischen Parlamentes unterliegt. Die militärische Kommandogewalt wird ein künftiger EU-Verteidigungsminister haben. So lange die dazu nötige rechtliche und militärische Integration innerhalb der EU noch nicht erfolgt ist, bleibt die Souveränität der Streitkräfte bei den Mitgliedsländern. Im Zuge des Aufbaus der Europäische Armee ist eine Militärdoktrin zu entwickeln, die klar aufzeigt,welchenGrenzen die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik unterliegt. Die verbleibenden britischen und französischen Atomwaffen sollen möglichst ganz abgerüstet werden, sofern es die Sicherheitslage zulässt.
Europäisches Parlament
Die Jungen Liberalen Bayern fordern eine schrittweise Ausweitung der Kompetenzen des EP hinsichtlich militärischer Einsätze. Entgegen der bisherigen Regelung soll der Europäische Rat auch bei einzelnen Aktivitäten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik das EP konsultieren und nicht wie bisher nur in Grundsatzfragen.
Zivile Komponenten
Die Jungen Liberalen Bayern fordern einen verstärkten Ausbau des zivilen Aufgabenspektrums der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Dazu zählen europäische Aufbauteams und Kriseninterventionsteams, die jene Aufgaben wahrnehmen, die nicht durch die Armee wahrgenommen werden. Entsprechend des Requirements Catalogue, des Force Cataloque sowie des Progress Catalogue, die bis jetzt nur im Bereich der militärischen Fähigkeiten der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik verankert sind, sollen gleiche Instrumente auch für die zivilen Komponenten ausgebaut werden.
Darüber hinaus müssen die Think Tank Kompetenzen der EU ausgebaut werden. Nur mit ausgezeichneter und wissenschaftlich fundierter Kenntnis über die unterschiedlichen Regionen der Welt kann Europa als globaler Akteur bestehen, ohne in ungewollte Konflikte zu geraten. Eine gemeinsame Rechtspolitik voranbringen: Auch auf der Ebene der Rechtsdurchsetzung eröffnet die Europäische Union neue Möglichkeiten. Die JuLis setzen sich dafür ein, dass bei Rechtsstreitigkeiten, die mehrere Mitgliedsstaaten betreffen, entsprechend in jedem Fall eine europäische Letztinstanz befasst werden kann. Die Jungen Liberalen bekennen sich zur Idee eines Europäischen Zivilgesetzbuches. Es unterstützt den Binnenmarkt indem es Rechtssicherheit fördert und Rechtsstreitigkeiten weniger Komplex gestaltet. Mittelfristig ist anzustreben, dass insbesondere die Rechte des geistigen Eigentums vollständig auf eine europäische Ebene verlagert werden. Inwieweit weitere Rechtsgebiete ebenfalls harmonisiert und verlagert werden können ist ebenfalls zu prüfen.
Gültigkeit: 5 Jahre